Zusammenschlüsse wie HoGeSa, Pegida und Hagida die sich latent-rechter Parolen und der Ängste vor dem Fremden bedienen, erfreuen sich momentan großer Beliebtheit. Man fühlt sich an Sarrazin erinnert, der mit platter politischer Meinungsmache Futter für Rechte und RasstistInnen lieferte. Dabei kann man sich ärgern – und das wird sich auch auf beiden Seiten – aber wichtig ist vor allem, etwas zu tun, Zeichen zu setzen und Präsenz zu zeigen. Das können nicht nur RassistInnen und xenophobe, verbohrte Angehörige der sogenannten Mitte, das können und müssen auch wir!
Neben dem Ärger gibt es aber auch die Möglichkeit, sich differenziert und aufgrund von wissenschaftlichen Untersuchungen mit dem Thema auseinander zu setzen. Die Frage, ob Pegida rassistisch angelegt ist, spaltet momentan die Einschätzungen in der Politik. Ralf Jäger, der Innenminister Nordrhein-Westfalens fasst die Gemeinsamkeiten von HoGeSa und Pegida als „diffusen antimuslimischen Rassismus, Gewaltaffinität, radikalen Nationalismus und aggressive Männlichkeit“ zusammen. Die Zeit schreibt in ihrem Online-Blog, die Proteste würden von „diffusen Ängsten, Desintegration und rassistischen Einstellungen“ getragen, wobei klare inhaltliche Aussagen fehlten, sodass „ Menschen, die es mit ihrem Protest gegen „Ausländer“, „Islamisten“, „die da Oben“ oder die „gleichgeschalteten deutschen Medien“ auf die Straße treibt“ leicht Anschluss finden könnten. Radikaler Salafismus bietet sich einfach an als Instrument zur Mobilisierung dieser Unzufriedenen, die ihre Wut gerne irgendeinem Sündenbock zuschreiben wollen. Sogar die Mitte kann angesprochen werden, da SalafistInnen in ihrer radikalen Ausrichtung für echte DemokratInnen nicht tragbar sind und daher wunderbar dafür geeignet sind, rechte Ressentiments aufzugreifen, ohne sie beim Namen zu nennen.
Seit 2009 sind zufolge einer Studie der Uni Leipzig die ablehnenden Einstellungen gegenüber MuslimInnen deutlich angestiegen. Rund 36 Prozent der Deutschen würden MuslimInnen gern die weitere Zuwanderung verwehren und 43 Prozent fühlen sich wegen der hohen Zahl an MuslimInnen „wie ein Fremder im eignen Land“. Dabei ist es bezeichnend, dass diese Aussagen in Regionen getroffen werden, in denen der Anteil von Menschen, die sich dem Islam zugehörig fühlen, verschwindend gering ist. Schließlich wird kulturelle Vielfalt in einem Bundesland, in dem in den 1990ern „national-befreite Zonen“ ausgerufen wurden, nicht in besonders starker Ausprägung zu finden sein. Dies korrespondiert mit Studien, die Wilhelm Heitmeyer 2007 zum Syndrom der „gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ durchgeführt hat. Fremdenfeindliche und auch rassistische Einstellungen kommen besonders häufig dann vor, wenn Intergruppenkontakte fehlen. Im Umkehrschluss konnte ein vorurteilssenkender Effekt von Intergruppenkontakten nachgewiesen werden.
Neben dem Rassismus fällt auf, dass auch diverse andere Ängste und Feindbilder in den Äußerungen von PEgIdA-DemonstrantInnen auftauchen, so als sei hier ein Sammelbecken für alle möglichen Vorurteile geschaffen worden. Auch dies deckt sich mit den Ergebnissen der Studien zur „Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“, in deren Theorie diverse abwertende Einstellungen gegenüber Gruppen von Schwächeren und Ohnmächtigen einbezogen werden, so etwa neben Fremdenfeindlichkeit und Rassismus auch Homophobie, Sexismus, Abwertung von Behinderten und Obdachlosen, Antisemitismus und eben auch Islamophobie. Das Auftreten einer dieser Auffassungen erhöht drastisch die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person auch eine oder mehrere der anderen Auffassungen teilt, schließlich funktionieren sie alle nach der gleichen Logik.
Am Beispiel des Rassismus soll dies näher erläutert werden. Rassismus benötigt schon lange nicht mehr die biologistische Sichtweise von unterschiedlichen, klar voneinander abgrenzbaren Rassen. Diese Vorstellung ist wissenschaftlich nicht mehr haltbar. Abgelöst wurde diese Sicht von einem subtilen, symbolischen Rassismus, der sich auf kulturelle Verschiedenheit beruft (vgl. van Dijk, 1999). Bezeichnend ist die dem Rassismus innewohnende Abwertung, die jetzt also mit der Angehörigkeit zu einer Kultur statt zu einer Rasse einhergeht. Die direkte Wertung bleibt zwar aus, aber indirekt wird das als „anders“ Beschriebene schlussendlich dennoch als minderwertig gebrandmarkt. Somit fungiert die angenommene Höherwertigkeit der eigenen Kultur als Legitimation für die Abwertung und Diskriminierung von Menschen anderer kultureller Herkunft und nichts anderes hören wir von Pegida und HoGeSa.
Möglich wäre es auch, Pegida und HoGeSa dem Ethnopluralismus, einer neueren Spielform des Rassismus zuzuordnen. Der Ethnopluralismus beruft sich nicht grundsätzlich auf eine unterschiedliche Wertigkeit der abzugrenzenden K ulturen, es werden aber generelle Gemeinamkeiten bestritten und jegliche Form von Vermischung aufgrund von Migration als Bedrohung empfunden. Diese Sicht kommt nicht ohne die Vorstellung einer in sich homogenen kulturellen Gemeinschaft aus, weshalb konsequenterweise die Ausscheidung oder Vernichtung des Heterogenen gefordert wird (vgl. Gessenharter, 2004). Wenn aber Homogenität selbst als Wert auftritt, kann von einer Gleichwertigkeit unterschiedlicher Kulturen keine Rede sein, da jegliche Abweichung von der Norm als Bedrohung, also negativ aufgefasst wird. Die eigene Kultur wird als schützenswert, also wertvoll erachtet und eine fremde Kultur, die als Bedrohung definiert wird, tritt in diesem Moment als Feind(bild) auf und verliert somit jegliche Wertschätzung.